15 Nov Keine Überlegungsfrist bei Bildung einer Rettungsgasse
Die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse greift sofort ein, sobald Fahrzeuge mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens entschieden.
Der betroffene Fahrer war auf einer dreispurigen Autobahn unterwegs. Der Verkehr kam baustellenbedingt ins Stocken und teilweise zum Erliegen. Dabei hielt sich der Fahrer auf der mittleren Fahrspur linksseitig. Das zuständige Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässigen Nichtbildens einer Rettungsgasse zu einer Geldbuße von 230 Euro.
Der betroffene Fahrer hielt es für klärungsbedürftig, ab welchem Zeitpunkt des Stillstandes oder des nur in Schrittgeschwindigkeit fließenden Verkehrs, eine Rettungsgasse gebildet werden müsse.
Seine gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Rechtsbeschwerde wurde vom Oberlandesgericht Oldenburg als unbegründet verworfen.
In seiner Entscheidung führte das Oberlandesgericht aus, dass die Bildung einer Rettungsgasse nicht bereits bei stockendem Verkehr, sondern erst dann erforderlich ist, sobald Fahrzeuge mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden.
Allerdings sei der Betroffene laut Zeugenaussage “ziemlich penetrant” auch dann in der Rettungsgasse geblieben, als der Verkehr gänzlich zum Stehen gekommen sei.
Dem Wortlaut des § 11 Absatz 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) entnahm das Gericht, dass eine Überlegungsfrist zur Bildung einer Rettungsgasse nicht bestehe. Nach dieser Vorschrift müssen Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden, sobald Fahrzeuge für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden.
Das in der Vorschrift enthaltene Wort „sobald“ bedeute so viel wie „in dem Augenblick, da…“ beziehungsweise „gleich wenn“.
Würde man einem Fahrzeugführer, in einer Situation, in der der vor ihm befindliche Verkehr zum Erliegen gekommen ist, eine Überlegungsfrist zubilligen, während derer er zunächst noch die Rettungsgasse blockieren dürfte, hätte dies zur Konsequenz, dass er nach Erkennen der Verkehrssituation und Ablauf einer Überlegungsfrist erst noch möglicherweise zeitaufwendig rangieren müsste, um die Rettungsgasse freizugeben.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.09.2022 – 2 Ss(OWi) 137/22