05 Sep Urlaubsstreit wegen Kurzarbeit geht vor Gericht
Urteile zu Urlaubsansprüchen
Rechtsstreitigkeiten am Arbeitsplatz entstehen immer wieder, insbesondere wenn es um Urlaub geht. Einige interessante Fälle haben wir für Sie zusammengetragen. Erfahren Sie hier, wie die Gerichte entschieden haben.
Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit?
LAG Düsseldorf Az. 6 Sa 824/20
Ein Arbeitgeber ordnete im Rahmen der Corona-Pandemie für die Monate Juni, Juli und Oktober Kurzarbeit Null an. Eine dort in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmerin erhielt in den Monaten August und September insgesamt 11,5 Tage Urlaub von den ihr vertraglich zustehenden 14 Tagen Jahresurlaub. Die Arbeitnehmerin ist der Ansicht, Ihr müssten auch die übrigen Urlaubstage gewährt werden. Die Kurzarbeit habe keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche. Der Arbeitgeber gewährte ihr diese jedoch nicht. Bei fehlender Arbeitspflicht entstünden nach seiner Auffassung keine Urlaubsansprüche.
Das Gericht gab dem Arbeitgeber recht. Es war der Ansicht, dass die Arbeitnehmerin aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober für diesen Zeitraum keine Urlaubsansprüche erworben hat. Der Jahresurlaub stehe ihr deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null war der Urlaub um 1/12 zu kürzen. Da der Erholungsurlaub bezwecke sich zu erholen, setze dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus, die während der Kurzarbeit Null nicht vorhanden war.
Kurzarbeit nicht auf Null reduziert
Arbeitsgericht Osnabrück Urteil vom 08.06.2021 Az. 3 Ca 108/21
In einem anderen Fall, der vor dem Arbeitsgericht Osnabrück verhandelt wurde, hatte das Gericht zugunsten des Arbeitnehmers entschieden. In diesem Fall wurde zwar ebenfalls Kurzarbeit angeordnet. Die Kurzarbeit beschränkte sich aber nur auf einzelne Tage, sodass die ArbeitszeitArbeitszeit wird als Zeit definiert, die von Anfang bis Ende der Arbeit andauert. Ruhepausen werden dabei nicht berücksichtigt. Zur Arbeitszeit gibt es zahlreiche Varianten bezüglich der Dauer oder des Starts nicht auf „Null“ reduziert war. Der Arbeitgeber durfte aufgrund verschiedener Betriebsvereinbarungen die Kurzarbeit mit einer Frist von lediglich zwei Werktagen ganz oder teilweise beenden.
Nachdem der klagende Arbeitnehmer in 6 Monaten des Kalenderjahres 2020 in Kurzarbeit war, kürzte der Arbeitgeber den Jahresurlaubsanspruch anteilig um 7 Tage.
Der Arbeitnehmer forderte die Gutschrift der gekürzten Urlaubstage und bekam recht vom Arbeitsgericht.
Nach Auffassung des Gerichts sei die Anordnung von Kurzarbeit, die nicht zu einer Reduzierung der Arbeitszeit auf „Null“ führt, nicht mit dem Teilzeitrecht oder sonstigen Unterbrechungen der Leistungspflichten vergleichbar.
Da die Kurzarbeit außerdem kurzfristig beendet werden konnte, sei der Urlaubsanspruch nicht bereits anteilig erfüllt.
Der Erholungszweck, den das Bundesurlaubsgesetz verfolgt, sei auf diese Weise nicht erfüllt.
Arbeitsfreie Zeit mit dem Urlaubsanspruch verrechnen?
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Az.: 13 Sa 602/20)
In einem Fall, der vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg verhandelt wurde, begehrte ein Arbeitnehmer die Abgeltung von Urlaubstagen.
Er war als Bauleiter in einem Betrieb angestellt. Während eines Zeitfensters von zwei Wochen konnte er auf keiner Baustelle eingesetzt werden. Daher vereinbarten Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass der Bauleiter diese Übergangszeit zu Hause verbringen kann und die Abwesenheitszeit mit dem Urlaubsanspruch verrechnet wird. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass ihm Resturlaubsansprüche zustehen, die aufgrund der genannten Vereinbarung nicht verfallen seien.
In der Vorinstanz wurde dem Antrag des klagenden Arbeitnehmers stattgegeben. Das Berufungsgericht schloss sich dieser Entscheidung an. Urlaubsansprüche könnten nur dann erfüllt sein, wenn eine Freistellungserklärung des Arbeitsgebers vorliege. Der Arbeitnehmer müsse erkennen können, dass der Arbeitgeber ihm zum Zwecke des selbstbestimmten Erholungsurlaubs freistellen will. Daran fehlt es, wenn eine beginnende arbeitsfreie Zeit unbestimmter Länge auf den Urlaubsanspruch angerechnet oder verrechnet werden soll.
Die Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wurde nicht als eine unwiderrufliche Freistellung gewertet, da der Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen könne, dass der Urlaub nicht unvermittelt endet. Eine Urlaubsgewährung lag somit nach Ansicht des Gerichts nicht vor.
Covid 19-Quarantäne – Anrechnung auf den Urlaubsanspruch?
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2021 (Az. 7 Sa 857/21)
Eine Arbeitnehmerin befand sich im Erholungsurlaub. Während des Urlaubs wurde bei ihr eine Covid 19-Infektion nachgewiesen. Das Gesundheitsamt ordnete häusliche Quarantäne an.
Die Arbeitnehmerin forderte von Ihrem Arbeitgeber eine Nachgewährung der Urlaubstage für die Zeit der Quarantäne. Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Er war der Ansicht, den Urlaubsanspruch der Arbeitnehmerin erfüllt zu haben. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab dem Arbeitgeber recht.
Eine Nichtanrechnung von Urlaubstagen kommt nach § 9 BUrlG in Betracht, wenn während des Urlaubs eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Es handelt sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift. Nach Ansicht des Gerichts waren die Voraussetzungen dieser Vorschrift im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Es fehle an einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Der Bescheid des Gesundheitsamtes sei mit einer solchen ärztlichen Bescheinigung nicht vergleichbar und reiche daher für eine entsprechende Anwendung des § 9 BUrlG nicht aus. Aus diesem Bescheid ergab sich zwar, dass die Arbeitgeberin an Covid 19 erkrankt war. Allerdings liegt bei einer Erkrankung mit Covid 19 nach Ansicht des Gerichts nicht generell eine Arbeitsunfähigkeit vor. Ein symptomloser Verlauf beispielsweise führe nicht automatisch zu einer Arbeitsunfähigkeit.